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A.E.I.O.U.

Schon in der Schule wurde uns der berühmte Leitspruch A.E.I.O.U. und dessen ruhmreiche Bedeutung für Österreich beigebracht: Alles Erdreich ist Österreich Untertan. Dafür soll das Kürzel A.E.I.O.U angeblich stehen und Österreichs Ruhm in die Welt hinausrufen. Allerdings sind zahlreiche weitere Bedeutungen überliefert.

Vom Sprücheklopfer des Heiligen Römischen Reiches

Die wahrscheinlich bekannteste Parole eines österreichischen Monarchen wurde von Kaiser Friedrich III. getätigt. Der Mann, der den spöttischen Beinamen »des Reiches Erzschlafmütze« innehatte, mag zwar nicht der politisch aktivste Herrscher gewesen sein, aber in Anbetracht dessen, dass sein A.E.I.O.U. auf so vielen Bauwerken und Objekten zu sehen ist, durfte er was von Marketing verstanden haben. Und das schon im 15. Jahrhundert, lange bevor das Wort Marketing überhaupt existierte. Das A.E.I.O.U. wurde als Sinnbild des Kaisers überall im Reich verbreitet und war Logo, Motto und Marke, die für die Bekanntheit des Monarchen sorgte.

Hilfreich war es sicher auch, dass er sehr viel Zeit hatte seine Lieblingsbuchstaben überall anzubringen. Mit 53 Jahren ist seine Regentschaft die längste aller Monarchen des Heiligen Römischen Reichs. Überhaupt schien die Zeit sehr gut für Friedrich III. zu arbeiten. Er überlebte alle seiner drei Erzfeinde. Und nicht etwa, indem er gegen sie in den Krieg zog und attackierte, sondern indem er einfach nichts tat. Friedrich wartete und sein Plan ging auf. Die Zeit raffte seine Widersacher dahin, bis nur noch er übrigblieb.

A.E.I.O.U. – Österreichs berühmteste Zauberformel?

Friedrich begann früh, sich mit dem Okkulten, der Alchemie und der Astronomie zu beschäftigen. In seiner Schatzkammer befanden sich zahlreiche Edelsteine, denen man vor allem im Mittelalter magische Kräfte zusagte. Außerdem entdeckte man im persönlichen Notizbuch Friedrichs, dass der Kaiser mit Geheimschriften, Zahlensymbolik und Verschlüsselungen experimentierte. Den Vokalen des Alphabets wurden zur damaligen Zeit besondere, mystische Kräfte zugeschrieben. Daher gibt es auch eine Vermutung, dass Friedrich lediglich seine Besitztümer schützen wollte und hierbei das A.E.I.O.U. als eine Art Schutzzauber verwendete. Ist es möglich, dass der Kaiser sich für einen Zauberer hielt und die Buchstaben als Zauberspruch anwendete?

Diese Theorie klingt für uns moderne Menschen ein wenig abstrakt. Allerdings waren Mystik und Aberglaube im Mittelalter durchaus üblich, denn der Wissensstand war damals einfach ein anderer. Ein gutes Beispiel liefert hier die Entdeckung eines Mammutknochens im Jahr 1443, der direkt vor dem Stephansdom ausgegraben wurde. Natürlich, so glaubte die mittelalterliche Bevölkerung, könne es sich hierbei nur um den Knochen eines Riesen handeln. Von einem Mammut hatte noch nie jemand was gehört und die Existenz eines Riesen war für damalige Verhältnisse einleuchtender.

Friedrich ließ diesen »Riesenknochen« also am Portal des Stephansdoms anbringen. Womöglich heißt das Haupttor zum Stephansdom deshalb heute noch »Riesentor« Und was steht auf dem Mammutknochen drauf? – Richtig! A.E.I.O.U.

Austriae est imperare orbi universo – es ist Österreich bestimmt, die Welt zu beherrschen

Im 17. Jahrhundert fand man in den Archiven der Habsburger ein Notizbuch. Dieses Buch beinhaltete handgeschriebene Texte vom Kaiser Friedrich III. persönlich. Neben seinem Erlass das A.E.I.O.U. auf sein sämtliches Hab und Gut anzubringen, entdeckte man darin auch den Spruch: »Austriae est imperare orbi universo«.

Die lateinische Auslegung der Vokale als »Austriae est imperare orbi universo – Es ist Österreich bestimmt, die Welt zu beherrschen« könnte für einen Kaiser von Weltruhm passend erscheinen. Als Friedrichs Buchstabenfolge zunächst im Jahr 1437 auftraten, war er jedoch weder Kaiser noch König und von Weltruhm ganz zu schweigen. Nur durch zwei Todesfälle in seiner Familie, die seine Thronfolge begünstigten, kam er an die Spitze des Herrscherhauses. Oben angekommen durfte er seine Buchstabenreihe neuinterpretiert und sie in eine selbstverherrlichende Version verwandelt haben. Tatsächlich fand man im kaiserlichen Notizbuch neben der oben erwähnten Vollform des Kürzels auch andere Formulierungen vom Kaiser selbst. Allesamt sich selbst und sein Reich verherrlichend.

A.E.I.O.U. – Am Ende ist alles umsonst

Es existieren zahlreiche Deutungen dieser fünf Buchstaben. Vielmehr als ich sie hier ausführen möchte. Nun stellt sich nach dem Lesen die Frage: »Welche ist denn jetzt die richtige Version? Keine oder alle?« Wenn wir Friedrich III. fragen könnte, würde er uns die Frage wahrscheinlich genauso beantworten: Keine oder alle! Eine naheliegende Theorie ist, dass er das A.E.I.O.U gerade deshalb auswählte, weil es viel Spielraum für Interpretationen zuließ. Das führte wiederum zu Gesprächen und Diskussionen über die wahre Bedeutung der Buchstaben, eine Mystifizierung der kaiserlichen Person und eine Steigerung seines Bekanntheitsgrades. Vielleicht war Friedrich politisch eine Schlafmütze, aber er wusste, wie er Werbung für sich machte.

Nachdem Friedrich III. nun 53 Jahre als Kaiser verbracht, Feinde überlebt und magische Objekte gesammelt hatte, erkrankte er schwer. Vielleicht hatte er Diabetes, das zu seiner Beinamputation führte. Diese überlebte er zwar, dennoch starb er zwei Monate nach der Operation mit 77 Jahren. Im Stephansdom war man bereits mit dem Bau eines prunkvollen Sarges für den Kaiser beschäftigt. Und auch hier findet man natürlich die Inschrift A.E.I.O.U.

Es gibt viele Bedeutungen dieses Kürzels. Doch an dieser Stelle halte ich die in Wien gängige für passend:

Am End ist ois umasonst.


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